Auch alte Wunden können heilen.
Welche frühen Wunden dich heute prägen und wie du sie heilst.
Drei Dinge sind entscheidend, um glücklich zu sein und sich lebendig zu fühlen:
- wie gut wir uns selbst regulieren können,
- wie wir uns an andere Menschen binden
- und wie wir unseren eigenen Körper wahrnehmen.
Beinahe alle Menschen haben frühe Verletzungen erfahren, die sie daran gehindert haben, diese Fähigkeiten vollständig zu erlernen. Sich von diesen Entwicklungstraumata zu lösen ist ein langer, schwieriger Prozess, der damit beginnt, mehr Verständnis und Liebe für den eigenen Körper aufzubringen.
Selbstbewusstsein, Selbstwirksamkeit, Selbstsicherheit trainieren als Orientierung nach einem Schocktrauma oder Entwicklungstrauma
Seien gnädig zu sich selbst. Machen Sie sich klar, dass Veränderungen in der Persönlichkeit extrem schwierig zu erreichen sind. Es ist also völlig normal, wenn Sie immer wieder in die gleichen Muster fallen. Das ist nicht Ihre Schuld!
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Erkennen, welche frühen Wunden dich heute prägen und wie du sie heilst.
Viele Menschen fühlen sich unfähig, unzufrieden oder irgendwie nicht richtig, so wie sie sind. Sie glauben, alle um sie herum seien glücklicher und hätten mehr Spaß am Leben als sie selbst. Dabei sind sie mit ihren Problemen nicht allein: Depression, Burn-out und Einsamkeit sind in unserer Gesellschaft allgegenwärtig. Aber wie geht man damit um?
Viele Therapiemethoden fokussieren sich darauf, Probleme zu erkennen und durch Gespräche an ihnen zu arbeiten.
Trauma lösen durch Bewegung
Die körperorientierte Psychotherapie geht hingegen davon aus, viele unserer Leiden seien ein Resultat unbewusster Entwicklungstraumata aus den ersten Lebensjahren und im Körper gespeichert. Durch bewusste Körperarbeit könnten wir uns allerdings von ihnen lösen.
* wie scheinbar harmlose Erlebnisse zu einem Trauma führen können
* warum unser Beziehungsverhalten schon vor dem dritten Lebensjahr festgelegt wird
Stresssituationen in der Kindheit können Entwicklungstraumata hinterlassen.
Stellen Sie sich vor, Sei machen einen Waldspaziergang, und plötzlich steht ein Bär vor Ihnen. Auf einen Schlag sind Sie hellwach, fokussiert und geladen mit Energie. Der Bär ist Ihnen physisch überlegen, also verzichten Sie auf einen Kampf und rennen lieber weg. Holt er Sie ein, reagiert Ihr Nervensystem wahrscheinlich mit einer Schockstarre – und rettet Ihnen vielleicht so das Leben, weil der Bär Sie jetzt für tot hält oder übersieht. Diese Schutzmechanismen unseres Körpers sind lebensnotwendig, können aber auch Nachteile haben.
Schmerzhafte Gefühle abschirmen
Wenn wir in lebensbedrohliche Situationen geraten, kann neben dem Totstellreflex eine sogenannte Dissoziation eintreten: Unser Geist koppelt sich vom Körper ab, sodass wir unsere Gefühle nicht mehr aktiv erleben müssen. Dissoziation kann uns von schmerzhaften Gefühlen abschirmen, führt aber später nicht selten zu posttraumatischen Symptomen. Das Problem: Hat uns das Abspalten von unseren Gefühlen einmal geholfen, wenden wir es immer wieder an, auch wenn die Situation gar nicht lebensbedrohlich ist.
Schocktrauma
Ein Schocktrauma, also ein einzelnes, überwältigendes Erlebnis wie die Begegnung mit einem Bären, bleibt uns meist gut im Gedächtnis. Doch es gibt auch traumatische Erlebnisse, an die wir uns nicht erinnern können, sogenannte Entwicklungstraumata. Die Stimulierung des vorderen Vagus-Nervs kann die Lebensqualität verbessern.
Stresserleben
Dabei handelt es sich um Verletzungen in der frühen Kindheit, die nicht durch ein einzelnes Erlebnis, sondern durch wiederholte Ereignisse ausgelöst werden. Das können vermeintlich harmlose Dinge sein, die wir als Baby jedoch als überwältigend und Stress auslösend erleben, zum Beispiel, wenn wir von klein auf zu wenig Körperkontakt erfahren oder häufig allein schreien gelassen werden.
Auch hier koppeln wir uns von unseren Gefühlen ab und lernen mit der Zeit, die Dissoziation unter Stress immer wieder einzusetzen. Die Stressreaktion wird dadurch jedoch nicht beendet, unser Körper kann die Übererregung nur irgendwann nicht mehr aushalten und wir geben auf. So beginnt ein Teufelskreis, bei dem sich unser Nervensystem in einem ständigen Auf und Ab befindet.
Entwicklungstraumata
Entwicklungstraumata werden zu einem Teil zu unserer Persönlichkeit und können schwerwiegende Folgen für unser Leben haben. Spalten wir uns nämlich auch später von unseren Gefühlen und Bedürfnissen ab, vernachlässigen wir sie in der Folge.
Viele von uns schwanken noch als Erwachsene ständig zwischen Über- und Untererregung, sind zum Beispiel tagsüber extrem leistungsfähig und abends völlig ausgebrannt. Wir machen nicht genügend Pausen und merken das erst, wenn wir bereits ein Burn-out entwickelt haben.
Wir können uns nicht selbst regulieren. Deshalb greifen viele von uns irgendwann auf Hilfsmittel zurück, die uns beruhigen oder anregen. Hier kann EMDR hilfreich sein. (Eye Movement Desensitization and Reprocessing) Desensibilisierung und Verarbeitung durch Augenbewegung.
Es gibt viele Möglichkeiten, um von stressigen Situationen wieder herunterzukommen. Einige gehen stundenlang spazieren, andere benutzen dazu Alkohol. Klar, der eine Lösungsweg ist gesund, der andere ungesund, aber sie haben trotzdem etwas gemeinsam: Je schneller wir auf Hilfsmittel zurückgreifen müssen, um uns abzulenken, anzuregen oder zu beruhigen, desto geringer ist unsere Fähigkeit zur Selbstregulation.
Um nicht nur zu funktionieren, sondern uns auch lebendig zu fühlen, müssen wir uns selbst regulieren können. Das bedeutet: Wir reagieren auf Herausforderungen des Alltags, indem wir uns zum Beispiel wieder beruhigen, wenn wir uns über etwas aufregen. Dabei spielt unser autonomes Nervensystem die entscheidende Rolle, denn es steuert unsere Wach- und Entspannungszustände.
Der Sympathikus ist für Erregung, der Parasympathikus für Entspannung zuständig. Ist unser Nervensystem gesund, kann es flexibel in beide Richtungen schwingen. Dann halten wir auch Erregung wie zum Beispiel Glücksgefühle oder Stress gut aus, weil wir in der Lage sind, starke Schwingungen wieder zu normalisieren.
Ein Entwicklungstrauma in der frühen Kindheit kann diese Fähigkeit jedoch beeinträchtigen. Damit werden wir anfällig für weitere Traumata, Angst, Stress, Depression und Schmerzen. Entweder ist unser Stresssystem ständig aktiv, obwohl keine Gefahr besteht. Oder das Gegenteil ist der Fall: Der Parasympathikus ist hyperaktiv, was zu Kollaps und Depression führen kann. Wenn wir uns zudem an die hohe oder niedrige Aktivierung unseres Nervensystems gewöhnt haben, ist unser Gehirn geradezu süchtig danach.
Selbstregulation lernen wir in den ersten drei Jahren unseres Lebens. Unser Nervensystem ist noch nicht vollständig ausgebildet, weswegen wir eine Bezugsperson brauchen, die es co-reguliert. Wenn diese Bezugsperson nicht beständig für uns da ist, sondern aus Überforderung wütend oder genervt reagiert, fühlen wir uns verantwortlich für diesen Stress und werden selbst immer gestresster – ein Entwicklungstrauma entsteht.
Wenn wir als Baby hingegen stets liebevoll umsorgt werden – das heißt, sowohl angeregt als auch beruhigt werden –, lernen wir mit der Zeit, die Schwingungsbreite unseres Nervensystems und damit uns selbst zu regulieren. Dadurch sind wir später in der Lage, Stress zu bewältigen und Glück zu erfahren. Diese Fähigkeit hängt eng damit zusammen, wie wir als Erwachsene mit Nähe und Liebe umgehen und uns in Beziehungen verhalten.
Ein einjähriges Kind wird von seiner Mutter für drei Minuten mit einer fremden Person in einem Raum zurückgelassen. Wie reagiert das Kleinkind auf die Rückkehr der Mutter? Das Ergebnis dieses Tests verrät eine Menge darüber, wie wir uns als Erwachsene binden werden.
Wir werden alle beziehungsfähig geboren. Später wiederholen wir die Muster, die wir bei unseren Eltern gelernt haben – im besten Falle, uns selbst zu lieben, zu regulieren, unsere Bedürfnisse zu erkennen und widerstandsfähig gegen Stress und Traumata zu sein.
Negative Bindungserlebnisse führen jedoch dazu, dass wir als Erwachsene Liebe nicht annehmen oder wertschätzen können. Mithilfe des beschriebenen Fremde-Situations-Tests können vier verschiedene Bindungsmuster unterschieden werden:
* Sicher gebundene Kinder freuen sich beim Test über die Rückkehr ihrer Mutter. Sie haben ein Grundvertrauen in die Welt und darauf, dass ihre Bezugsperson immer für sie da ist. Als Erwachsene können sie in einer Liebesbeziehung Nähe und Intimität zulassen.
* Bei der unsicher-vermeidenden Bindung lernen die Kinder, sich ihre Gefühle nicht anmerken zu lassen, weil ihnen das am meisten Liebe bei ihrer Bezugsperson einbringt. Wenn die Mutter in den Raum zurückkehrt, schauen sie kaum auf. In Liebesbeziehungen wirken sie abweisend. Sie haben gelernt, sich auf niemanden verlassen zu können.
* Bei einer unsicher-ambivalenten Bindung sind Kinder an ihrem Stresslimit: Sowohl wenn die Mutter den Raum verlässt als auch dann, wenn sie wiederkommt, sind sie nicht zu beruhigen. Sie klammern sich an sie und stoßen sie gleichzeitig weg. Die Ursache: Die Zuwendung ihrer Bezugsperson ist nicht konstant; sie müssen sich immer auf diese Unberechenbarkeit einstellen. Als Erwachsene richten sie den Wunsch nach tiefer Verbundenheit an ihren Partner, rechnen aber nicht damit, dass er erfüllt wird. Der Partner fühlt sich davon häufig unter Druck gesetzt und zieht sich zurück.
* Schließlich gibt es noch Kinder, die keinem der drei Bindungsstile entsprechen; bei ihnen spricht man von einem desorganisierten Bindungsstil. Ihre Verhaltensweisen sind auffällig – sie erschrecken etwa oder werfen sich auf den Boden, wenn die Mutter wiederkommt –, weil sie Schutz bei ihrer Bezugsperson suchen und sich gleichzeitig vor ihr schützen müssen. Das kann der Fall sein, wenn Eltern gewalttätig, traumatisiert oder depressiv sind. Partner verzweifeln oft an diesen Menschen, weil ihre Reaktionen nie vorhersehbar sind: Sie wechseln zwischen Sehnsucht und Ablehnung hin und her.
Aber nicht nur unsere Bindungsmuster entscheiden, wie wir als Erwachsene zurechtkommen, sondern auch die Umstände unserer Geburt.
Stellen Sie sich vor, Sie sind in einem urgemütlichen All-inclusive-Hotel untergebracht. Irgendwann überlegen Sie sich, hinauszugehen, um die Umgebung zu erkunden.
Folgende Möglichkeiten können eintreten:
1. Sie werden unsanft an den Füßen gepackt und an einen Ort gebracht, an dem Sie allein sind.
2. Jemand sprengt die Wand des Hotels und zieht Sie nach draußen.
3. Auf einmal wird Ihnen schummrig, völlig orientierungslos taumeln Sie aus dem Hotel.
4. Während Sie das Hotel verlassen, schlingt sich etwas um Ihren Hals und Sie haben Angst, zu ersticken.
5. Sie werden draußen warm und herzlich von den Einheimischen empfangen.
Die Geburt ist ein so einschneidendes Erlebnis, dass Körperpsychotherapeuten erwachsenen Menschen ansehen können, wie schwierig sie verlaufen ist. Sie entscheidet darüber, ob wir Urvertrauen entwickeln, wie wir uns als Erwachsene binden und vor allem: wie wir uns in unserem Körper fühlen.
Im Idealfall wird ein Baby nach der Geburt auf den Bauch der Mutter gelegt, orientiert sich und robbt dann zur Brust der Mutter. Wenn es allerdings schon bei der Geburt durch die Narkose der Mutter sediert ist, die Nabelschnur sich um den Hals wickelt, es Schmerzen erfährt oder nach der Geburt allein gelassen wird, fühlt es sich nicht verbunden mit der Welt. Es kommt nicht vollständig in seinem Körper an. Das Baby hat sich von seinem Körper distanziert, um die Schmerzen oder das Alleinsein ertragen zu können. Als Erwachsener fühlt es sich deswegen leer, allein, fremd in dieser Welt.
Natürlich spielt nicht nur die Geburt, sondern auch die Schwangerschaft eine große Rolle. Denn in der Zeit, die wir im Mutterleib verbringen, erleben wir alle Gefühle unserer Mutter mit. Hat sie Angst, wegen der Schwangerschaft verlassen zu werden? Wollte sie eigentlich gar kein Baby bekommen? Gefühle, die wir im Mutterleib und nach der Geburt erleben, hinterlassen Spuren in unserem Körper. Diese Prägungen werden zu unserer Persönlichkeit und lassen sich an unserer Körperhaltung erkennen.
Sich sicher und willkommen zu fühlen ist in der Körperpsychotherapie die erste von fünf Lernaufgaben, die jeder Mensch von Geburt an hat. Mit der Form dieser Therapie, der somatischen emotionalen Integration den Umgang mit Babys verändern, der oft aus Unwissenheit der Eltern falsch läuft. Denn je nachdem, wie wir als Kind die Lernaufgaben erfahren und bewältigen, wird unser Körper geprägt und wir erlernen gewisse Fähigkeiten – oder eben nicht.
Es gibt Menschen, die allein durch die Wildnis ziehen oder allein ihre Wohnung renovieren, weil sie sich von niemandem abhängig machen wollen. Sehr wahrscheinlich haben sie als Baby nicht genügend Zuwendung erfahren. Dadurch konnten sie die zweite Lernaufgabe nicht richtig erfüllen, bei der es um Bedürfnisse und Sattwerden geht.
Als Säugling sind wir darauf angewiesen, physiologisch durch Essen und emotional durch Zuwendung genährt zu werden. Das muss immer zeitnah passieren, damit wir uns sicher fühlen. Herrscht ein Mangel, weil unsere Mutter uns zum Beispiel nach der Uhr füttert und nicht dann, wenn wir Hunger haben, werden wir als Erwachsene Schwierigkeiten haben, unsere Bedürfnisse mitzuteilen.
Das kann sich in zwei unterschiedlichen Lebensführungen äußern. Die Erste: Wir verleugnen unsere Bedürfnisse. Menschen, die uns etwas geben wollen, weisen wir zurück und bestätigen uns damit selbst. Die Zweite: Wir suchen ständig nach Erfüllung, können diese aber nicht annehmen, wenn sie eintritt. In Beziehungen fühlen wir uns hilflos und nicht beachtet. In beiden Fällen geraten wir unbewusst in den Zustand, in dem wir uns als Säugling befunden haben.
Ein wichtiger Schritt hinaus aus diesem Dilemma ist, seine Bedürfnisse konkret zu benennen. Um etwas von anderen Menschen zu erhalten, müssen wir bereit sein, uns vor ihnen zu offenbaren.
Die dritte Lernaufgabe besteht darin, Hilfe anzunehmen. Gegen Ende des ersten Lebensjahres lernt ein Baby zu krabbeln und beginnt die Welt zu erforschen. Es wird selbstständiger, ist aber gleichzeitig auf Unterstützung angewiesen. Loben die Eltern nun zum Beispiel nur die Selbstständigkeit, vermitteln aber, dass es schlecht ist, wenn es Hilfe braucht, fühlt sich das Kind überwältigt und hilflos. So entsteht ein falsches Selbstbild.
Das Kind lernt, dass es nur etwas wert ist, wenn es etwas leistet. Wichtig wären Rückmeldungen wie „Schön, dass es dich gibt“, die dem Kind zeigen, dass es reicht, wenn es einfach nur da ist. Kinder, die diese Rückmeldung nicht erhalten, werden versuchen, die Bestätigung durch ihr Handeln zu erlangen. In der Folge verlieren sie den Kontakt zu sich und ihren Bedürfnissen. Als Erwachsene funktionieren sie im Alltag bestens – bis sie irgendwann merken, wie leer sie sich fühlen.
Um Zuwendung und Unterstützung annehmen zu können, müssen wir erkennen, dass sie uns als Baby gemangelt hat. Wir müssen lernen, uns selbst zu unterstützen und von anderen Menschen Hilfe anzunehmen. Denn wenn wir überzeugt sind, andere können uns ohnehin nicht helfen, wird sich diese vorgefertigte Meinung auch bestätigen.
„Geh ruhig, dann muss ich das eben irgendwie allein schaffen.“ Möglicherweise haben Sie als Kind diesen zunächst harmlos klingenden Satz einmal von Ihrer nächsten Bezugsperson zu hören bekommen. Doch gerade in der frühen Kindheit können solche Aussagen große Konsequenzen haben.
Die vierte Lernaufgabe besteht darin, selbstständig zu werden und sich verbunden zu fühlen. Wenn wir uns allerdings immer wieder den Wünschen unserer Bezugsperson unterwerfen, lernen wir nicht, „Nein“ zu sagen. Dabei wäre dies besonders wichtig, um ein Gefühl für uns selbst zu entwickeln und uns von anderen abzugrenzen.
Reden Eltern ihrem Kind Schuldgefühle ein, wenn es „Nein“ sagt, oder stellen die Welt als gefährlichen Ort dar, um es an sich zu binden, wird die Kraft des Kindes gebrochen. Um die Beziehung nicht zu gefährden, verzichtet das Kind auf seine Neugier und die Lust, die Welt zu entdecken. Es muss sich also verleugnen, um Liebe zu bekommen. Solche Kinder neigen als Erwachsene oft zur Selbstaufgabe und werden von ständigen Schuldgefühlen begleitet.
In den ersten Lebensjahren entwickeln wir außerdem unsere Selbstwirksamkeit, also die Überzeugung, aus eigener Kraft etwas Positives bewirken und Schwierigkeiten meistern zu können. Sie trägt entscheidend zu unserem Lebensglück bei. Hat unsere wichtigste Bezugsperson Schwierigkeiten damit, dass wir selbstständig werden, kann das Gegenteil eintreten: die erlernte Hilflosigkeit. Sie lässt uns glauben, dass wir ohnehin nichts bewirken können. Auch dieser Glaubenssatz kann uns bis ins Erwachsenenalter prägen.
Bei der fünften und letzten Lernaufgabe geht es um Liebe und Sexualität. Wie wir beides als Erwachsene vereinen können, hängt von der genitalen Phase ab, die die wir zwischen dem dritten und sechsten Lebensjahr durchlaufen. In dieser Zeit werden wir uns unserer Geschlechtlichkeit bewusst und beginnen, sinnliche Gefühle zu empfinden.
Kinder, die sich in dieser Phase befinden, richten ihre sexuellen Gefühle auf alle möglichen Personen in ihrer Umgebung – davon bleiben auch die Eltern nicht ausgenommen. Ihre Aufgabe ist es, diese Gefühle ernst zu nehmen und ihren Kindern nicht den Eindruck zu vermitteln, dass ihre Sexualität etwas Schlechtes sei. Sonst besteht die Gefahr, dass sie als Erwachsene Liebe und Sex nicht vereinen können und große Schwierigkeiten damit haben, glückliche Beziehungen zu führen.
Deswegen ist es so wichtig, schon im Kindesalter zu lernen, dass ihre Gefühle ganz natürlich sind und sie sich einfach damit auseinandersetzen müssen.
Entwicklungstraumata lassen sich nicht einfach auflösen, aber wir können an einer Veränderung arbeiten.
Viele kennen das: Da sagt man zu einer Freundin, einem Kollegen oder zu seiner besseren Hälfte genau das, was man nicht sagen wollte – und verletzt damit sich selbst und die andere Person. Aber warum tun wir so oft das Gegenteil von dem, was wir wollen?
Schuld daran ist unser Stammhirn, der Ort im Gehirn, an dem unsere Traumata abgespeichert sind. Wenn uns ein Reiz erreicht, den wir mit einer traumatischen Erfahrung verbinden, gehen im Stammhirn die Alarmglocken an – wir bekommen Angst, und es wird automatisch ein gespeicherter Handlungsablauf abgespielt. Wenn wir also zum Beispiel bei einem Streit getriggert werden, reagieren wir in Wirklichkeit gar nicht auf die gegenwärtige Situation, sondern auf eine Erinnerung, die in unserem Stammhirn gespeichert ist.
Wir sollten uns das bewusst machen, dann können wir hier ansetzen, um uns zu verändern:
Das Ziel ist es, zwischen Reiz und Reaktion eine Pause herzustellen und so dem Gehirn Zeit zu geben, um neue Schlüsse zu ziehen. Betrachten Sie die Situation einmal besonders achtsam und versuchen Sie, Ihren Körper dabei zu spüren! Je länger Ihnen das gelingt, desto wahrscheinlicher wird es, dass auch andere Gehirnareale, als das Stammhirn aktiv werden und Sie sich für ein anderes Verhalten als bisher entscheiden.
Veränderung ist deshalb so schwer, weil unser Verhalten und unsere Persönlichkeit sehr konstant sind.
Wir können sie nur in winzigen Schritten verändern.
Unsere Geschichte ist nicht löschbar, aber sie lässt sich integrieren:
So sind wir uns vergangener Erlebnisse bewusst, werden aber nicht mehr davon überwältigt. Dann erschließen wir uns nach und nach neue Handlungsmöglichkeiten.
Die Basis jeder Verhaltensänderung ist Selbstwahrnehmung.
Dafür müssen wir unseren Körper von innen heraus und mitsamt allen Körperempfindungen spüren und mögen lernen. Das kann ein schmerzhafter Prozess sein, denn dabei treten auch all die alten Verletzungen hervor, deretwegen wir uns einst von unserem Körper abgespalten haben. Aber nur so können wir sie verarbeiten. Wird unser Körper wieder eine Heimat für uns, können wir uns auch lebendig fühlen.
Um alte Wunden zu heilen, müssen wir also bei unserem Körper beginnen
Eine liebevolle Beziehung zu unserem Körper aufbauen.
Ein Therapeut, der seine Patienten in den Arm nimmt oder ihre Hand hält? Das klingt völlig undenkbar, denn in den meisten Therapieformen ist körperliche Berührung unangebracht. Dabei kann nur so eine Bindung zwischen Patient und Therapeut entstehen, die liebevoll ist und Heilung bringt. Aber warum ist diese körperliche Beziehung so wichtig?
Wenn Menschen die Fähigkeit verloren haben, sich zu regulieren, brauchen sie von ihrem Therapeuten vor allem eins: jemanden, der sie eine Zeit lang coreguliert. Das heißt, der Therapeut muss für Sie da sein, ohne dass Sie dafür etwas leisten müssen. Er sollte sich in Sie einfühlen, und dazu gehört auch, Sie körperlich zu berühren und Sie zum Beispiel in den Arm zu nehmen, wenn Sie weinen.
Das Leben allein durch Erkenntnisse ändern zu können, reicht nicht. Unsere Lebensqualität hängt aber nicht davon ab, wie bewusst wir unsere Probleme erkennen und versprachlichen können, sondern davon, wie gut wir uns regulieren können. Die Muster, die wir als Baby erlernt haben, sind außerdem verbal gar nicht zugänglich, weil sie in der frühesten Kindheit gefestigt wurden, als wir noch gar nicht sprechen konnten.
Gerade wenn wir von Entwicklungstraumata betroffen sind, kann uns deswegen die Körperpsychotherapie am besten helfen. Denn an unserem Körper lässt sich unsere Geschichte erkennen und nur über ihn können wir Zugang zu alten Traumata finden und diese integrieren.
Deswegen beschäftigen sich Körperpsychotherapeuten besonders mit der Haltung ihrer Patienten, mit ihren Erregungs- und Stresszuständen, ihren Verspannungen. Denn der Körper verrät meist mehr als Worte – er drückt auch Gefühle aus, die sehr lange her sind oder die wir nicht offenbaren wollen. Gelingt es dem Therapeuten, seinen Patienten diese verdrängten Gefühle wieder bewusst zu machen, können Sie neue Erfahrungen machen.
Ein weiteres Defizit der modernen Psychotherapie ist, dass das Leiden der Menschen überwiegend als etwas Individuelles betrachtet wird. Und das, obwohl die steigende Nachfrage nach Therapeuten zeigt, dass es sich längst um ein gesellschaftliches Phänomen handelt. Trotzdem wissen die meisten Menschen nichts oder nur wenig über Bindung, Selbstregulation und Kommunikation. Wäre es nicht naheliegend, über solch wichtige Themen schon in der Schule aufzuklären? Denn eine gemeinschaftliche Lösung des Problems könnte manche Psychotherapie überflüssig machen. —->